Questionnaires (Fragebögen), zentraler BfArM-Terminologieserver und der Standard „Informationstechnische Systeme in Krankenhäusern“ (ISiK): Sie bildeten den roten Faden bei dieser Veranstaltung der HL7-Benutzergruppe, die Deutschland auch international vertritt. Mit im Vordergrund stand der Austausch von Vertreterinnen und Vertretern aus Regulatorik, Entwicklung, Anwendung und Wissenschaft.

Menschen, die sich mit Gesundheits-IT beschäftigen, an einen Tisch zu bringen – so lautete das zentrale Ziel dieses Treffens, erklärte der Geschäftsführer von HL7 Deutschland Dr. Kai Heitmann. Die Teilnehmenden sollten Interoperabilität ausprobieren sowie lernen – aus Tutorials und im interaktiven Doing, inklusive Fehlerbehandlung.

Selbstausfüllende Questionnaires

Welchen Stellenwert sollten wir Questionnaires beimessen? Sie verursachen bisher einen enormen Aufwand in den Krankenhäusern. Viele klinikspezifische Kreationen, einzeln auszufüllen – darin steckt erhebliches Effizienzpotenzial.

„Standardisierung dreht sich nicht immer nur um den Datentransport zwischen Systemen, sondern beim Thema der Fragebögen um die Frage: ‚Wie bekommen wir Daten strukturiert in die Systeme hinein?‘“, erklärte Simone Heckmann. Sie ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Beratungs- und Implementierungsanbieters Gefyra (DMI) sowie Akteurin im Technischen Komitee FHIR bei HL7 Deutschland und im Interop-Council.

Qualitätsvoll, semantisch annotiert, vollständig – das seien die Herausforderungen bei Daten im Behandlungskontext, fuhr Heckmann fort. „Questionnaires setzen hier früher an: Sie zeigen Anwendenden, was als Information zulässig ist, und geben direkt Feedback, ob ihre Eingabe korrekt ist – das fördert eine höhere Datenqualität und Standardisierung in der folgenden Kommunikation. Questionnaires seien ein Mittel auf dem Weg zu Qualität. Aber Daten kämen auch über Schnittstellen, auch aus Geräten.

Simone Heckmann, Gefyra (DMI) 

Questionnaires könnten automatisch vorbelegt werden; händische Arbeit sei nur noch nötig, wenn Quelldaten nicht vorhanden seien: „Automatisches Befüllen ist über die FHIR-API möglich. Somit lässt sich redundantes Ausfüllen durch Eintippen vermeiden. Der Anwender checkt und ergänzt nur noch das Ergebnis“.

Heckmann weiter: „Bisher werden Spezifikationen geschrieben, die von der Industrie implementiert werden müssen. Bei Questionnaires verhält es sich so, dass sie – einmal im Primärsystem implementiert – bei neuen Spezifikationen nur einer Änderung in der Konfiguration bedürfen.“ Es müsse lediglich ein neues Formular hinterlegt werden, das die Anwendenden auszufüllen hätten. Das einzige, was hierfür zu geschehen habe, sei, dass die Anbieter der Primärsysteme ihre Lösungen öffnen und Zugriff auf die Daten für verschiedenste Zwecke ermöglichen. ISiK bringe die Hersteller dazu, diese Abfragen zu ermöglichen. So ließen sich automatisch Stammdaten und Fallinformationen usw. in Formulare eintragen.

„Wir sind auf dem richtigen Weg“, resümierte die Expertin. „Es muss eine kritische Masse an Questionnaires vorliegen, damit Systemhersteller den Aufwand der Implementierung treiben. Werden Questionnaires durch Vorgaben relevant und verbindlich, dann wird dies die Industrie motivieren.“ Was wir ebenso bräuchten, sei eine nationale Infrastruktur mit einem zentralen Register, aus dem – offizielle qualitätsgesicherte – Fragebogenformulare abgerufen und neue Versionen gefunden werden könnten. Primärsystemhersteller müssten ferner die Smart-on-FHIR-Spezifikationen implementieren, damit Dritthersteller ihre Applikationen mit Questionnaire-Funktionalitäten anbinden können. „Bei Smart-on-FHIR fehlt uns in Deutschland bisher noch die Breite der Anwendung. Deutscher Perfektionismus mit der Skepsis, die Standardisierung gehe nicht weit genug, behindert die Entwicklung“, so Heckmann. Ontario, die Schweiz, Litauen, Australien seien hier Vorbilder.

Was sollten Krankenhausverantwortliche wissen? Heckmann: „In Kliniken fließen viele Ressourcen in das Formulardesign innerhalb des aktuell genutzten KIS. Bei einem KIS-Wechsel sind diese Formulare weg! Mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema schaffe unabhängig von Herstellern.“ Und: Interoperabilitätsplattformen, IOPs, könnten als Quelle für das automatische Vorbelegen dienen.

Zentraler Terminologieserver

FHIR als Datenformat erfordere den semantischen Schulterschluss mit Terminologien. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sei hierbei inzwischen noch weiter zuständig als bisher, erläuterte Heitmann. Dort gebe es nun den Nationalen Terminologieserver, die „Single source of truth“ für regulierte Terminologien, etwa für Abrechnungsrelevantes – ICD, OPS SNOMED und LOINC sowie Informationen aus Value Sets wie etwa Allergie-Codes fänden sich hier. Wie man die Terminologieservices in FHIR nutzen kann, betreffende Terminologien zu identifizieren, über FHIR zu verteilen aber auch in der Routine zu nutzen, das war eines der Themen in Köln.

Zusätzlich hält die Medizininformatik-Initiative Terminologien für den wissenschaftlichen Bereich bereit, etwa zu Studientypen – „das ist kein Widerspruch“, erläuterte Heitmann.

ISiK

Daten im Rahmen von FHIR abzulegen, sodass man innerhalb von Krankenhäusern leicht auf sie zugreifen könne – das sei ein Ziel von ISiK, so Heitmann. Questionnaires vorausfüllen durch jeweilige Patienteninformationen, dazu Diagnosen, Informationen zur Medikation, zu Intoleranzen und mehr (…) auch außerhalb von Krankenhäusern – das Ausschöpfen dieser vielversprechenden Potenziale war Thema bei den „Days“. Mehr Zutrauen und Vertrauen in Tools und Spezifikationen schaffen – und zu wissen, wen man fragen kann, hierbei will HL7 Deutschland unterstützen. „In dieser flachen, offenen Community erhält man zügig Antworten.“

Interoperabilität fängt bei den Menschen an, nicht bei Technik und Terminologien – sondern mit generierten Daten, wie das Beispiel der Augenärzte zeige, betonte Heitmann in Köln. Diese Ärztegruppe kenne ihre Domäne und wisse, wie sie dokumentieren möchte. Künftig werde HL7 Deutschland solche Zielgruppen in parallelen, weniger nerdigen Veranstaltungen dabei unterstützen, Lösungen auszuformulieren.

Kai Heitmann, Geschäftsführer von HL7 Deutschland