Fachleute sehen keinen Einfluss der politischen Entwicklungen auf die weitere Digitalisierung
Zahlreiche Veranstaltungen widmen sich zurzeit den Bestrebungen, die Digitalisierung im Gesundheitswesen bundesweit voranzubringen. Unter ihnen: der IOP-Summit von gematik / INA sowie der ePA-Summit von Inno3 und der Digitalagentur.
Der 15. Januar 2025 ebnet den Weg zur erfolgreichen Umsetzung der elektronischen Patientenakte (ePA) als Teil der Telematikinfrastruktur (TI) – hier gab sich Dr. Susanne Ozegowski vom BMG zuversichtlich. Interoperable Daten, verfügbar über die Sektoren hinweg, bildeten die Basis für Innovation und für das Ausschöpfen der KI-Entwicklungspotenziale. Die Konformitätsbewertung von Systemen (KOB) stelle einen wichtigen Schritt zu weiterer Verbindlichkeit dar, so Ozegowski auf dieser Veranstaltung mit dem Fokus auf das Interop-Council.
„Wir benötigen eine gewisse Regulatorik, um Wettbewerb zu ermöglichen“, betonte Simone Heckmann, Mitglied des Interop Councils in Berlin. Mit Interoperabilität dank des Rahmenstandards FHIR® ließen sich Innovation und die Erweiterung bestehender Systeme erreichen, so die Geschäftsführerin des FHIR-Spezialhauses gefyra und Technical Coordinator HL7 Deutschland. Eine API müsse den Zugriff auf die Daten ermöglichen; die Bildung von Datenstrukturen, wie das in vielen Fällen in Deutschland der Fall ist, reiche nicht aus. Auch solle man nicht versuchen, FHIR® an „jede“ Anwendungsumgebung anzupassen, weil dies zum Aufweichen des Standards führe. Darüber hinaus zählen laut Heckmann gesetzliche Rahmenbedingungen und geeignete Prozesse zu den Erfolgskriterien für die TI und darüber hinaus, betonte die Expertin. Viel „abschauen“ könne man den USA und Australien dahingehend, welche Umsetzungsvorteile ein zentraler Standard bieten könne – bis hin zu App Stores für nutzenstarke Anwendungen.
Spektakulär sei es, fuhr Heckmann fort, dass es gelungen sei, mit FHIR® landesweit einen Standard einzuführen – in diesem doch stark fragmentierten Gesundheitswesen. „Wir sprechen also dieselbe Sprache beim Erstellen von Spezifikationen – und erkennen somit aber auch unterschiedliche Zielsetzungen.“ Sie bot ein Beispiel: Diagnosen lassen sich mit ICD-10 oder SNOMED abbilden – in Versorgung, Abrechnung oder Forschung. Eine Vereinheitlichung sei nötig, so Heckmann.
In mindestens drei Modellregionen solle die ePA Mitte Januar 2025 an den Start gehen – nach einigen Stolpersteinen, erklärte Dr. Kai Heitmann von HL7 Deutschland. Überhaupt zu starten – das sei die Notwendigkeit, erklärte das Interop-Council-Mitglied. Bei aller gebotenen Detailkritik müsse die Mecker- und Keine-Kompromisse-Kultur nun ein Ende haben. Heitmann: „Alle Stakeholder gehören ins Boot – Anwender und Anbieter müssen zum Mitmachen motiviert werden!“.
Alle eingebundenen Einrichtungen sollten aktuell Kompetenz und Akzeptanz bei Mitarbeitenden schaffen – und sich auf den Roll-out vorbereiten. „Ein guter Befund ist einer, der da ist“, zitierte der Experte eine allbekannte Redewendung aus der Klinik – über die ePA werde Informationsverfügbarkeit deutlich erleichtert. „Mit diesem Nutzenversprechen können die Verantwortlichen in den Häusern Akzeptanz aufbauen.“
Einen weiteren Vorzug der ePA zeigte beim IOP-Summit Dr. Michael von Wagner vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main auf: Für die Abstimmung mit früheren Konkurrenten, heute potenziellen Partnern im regionalen Markt sei der nahtlose Datenaustausch notwendig. Von der Kompetition zur Kollaboration – gefordert sei jetzt die Zusammenarbeit in der regionalen Vernetzung, und die TI schaffe hier die Basis, betonte von Wagner beim IOP-Summit.
Als Datendrehscheibe soll die elektronische Patientenakte (ePA) Herzstück unseres Gesundheitswesens werden. Wo steht das Großprojekt kurz vor der verpflichtenden Einführung ab Januar 2025 – aus organisatorischer, technischer und kommunikativer Sicht? Diese Fragen sowie Herausforderungen und Mehrwerte stellte der 1. ePA-Summit in Essen in den Mittelpunkt.
„Viel Arbeit kommt auf uns zu – auf allen Ebenen“, erklärte Ellen Otto, bei der Charité verantwortlich für die ePA-Einführung. Technische Aufgaben, Aufklärung und Schulung von Mitarbeitenden, „Mitnehmen“ des Managements und die Darstellung von Erfolgs-Cases dienten zur positiven Vermittlung, erklärte sie im Haus des Gastgebers Bitmarck. Die Hauptbarriere werde Akzeptanz sein – auf der klinischen Seite ebenso wie bei Patientinnen und Patienten: „Es muss uns gelingen, in kürzester Zeit die Inhalte in die ePA zu holen“, stellte Dr. Peter Gocke fest, „um durch erlebbare Nutzeneffekte Akzeptanz aufzubauen“. Fragen wie „Wie bekomme ich als Patient alte Dokumente in die ePA, wie kann ich ggf. Zugriff verhindern?“ stünden im Raum, so der Leiter der Stabsstelle Digitale Transformation in der Charité. Bei der Aufnahme müssten Patientinnen und Patienten dann „Ja“ oder „Nein“ zur Nutzung der ePA sagen. Gocke zusammenfassend: „Der Drive muss rein – um die Chance zu nutzen, im Gesundheitswesen endlich Veränderungen voranzubringen.“ Ein Nutzenbeispiel sei Sicherheit bei der Medikation. Hoch mit den Hemdsärmeln!
Ellen Otto & Dr. Peter Gocke