Routinedaten aus der Patientenversorgung bundesweit digital vernetzen und für die medizinische Forschung verfügbar machen: So lautet der Auftrag der Medizininformatik-Initiative (MII). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die MII bis einschließlich 2026 mit über 480 Millionen Euro.
Krankheiten schneller und effektiver behandeln zu können – das ist das Ziel, an dem alle Einrichtungen der Universitätsmedizin gemeinsam mit nichtuniversitären Kliniken, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Krankenkassen und Patientenvertretungen arbeiten. Gegliedert sind die Aktivitäten in die vier Konsortien DIFUTURE, HiGHmed, MIRACUM und SMITH. Die TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. – betreibt die MII-Koordinationsstelle gemeinsam mit dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) der Bundesrepublik Deutschland e. V. und dem Verband der Universitätsklinika Deutschlands e. V. (VUD).
Als zukunftweisendes Projekt mit einer beeindruckenden Zwischenbilanz bezeichnete Katharina Peter, Leiterin der Unterabteilung Technologien in den Lebenswissenschaften im BMBF, die MII. Der „Broad patient consent“ habe wichtige Voraussetzungen geschaffen, die MII habe die Infrastrukturen für die Nutzung und den Austausch von Gesundheitsdaten eingerichtet – insbesondere in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM), betonte sie bei der Eröffnung des Symposiums.
MII und NUM seien das „perfect Match“ zur Stärkung der deutschen Wissenschaft, zitierte sie Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, den Vorstandsvorsitzenden der Charité. Den Weg geebnet hätten die Datenintegrationszentren (DIZ), die Daten verfügbar machten. Einen wichtigen Beitrag leiste ferner aktuell das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) – für Anträge und zur Steuerung des Systems. Das Portal biete eine Übersicht über datennutzende Projekte. Man habe erfolgreich eine Brücke zwischen Medizin und Technik geschlagen; der Rahmen sollte nun weiterentwickelt werden – insbesondere im Kontext der Daten als Grundstein für Fortschritt, fuhr Peter fort.
Das Symposium stellte Projekte vor, die die MII-Forschungsdateninfrastruktur erfolgreich nutzen und die über das FDPG beantragt worden waren. Im Fokus standen ferner Ergebnisse der Anwendungsfälle im Rahmen der „Digitalen FortschrittsHubs Gesundheit“ sowie der Nachwuchsforschungsgruppen (NWG) der Initiative. Als Beispiele dienten ACRIBiS (Advancing Cardiovascular Risk Identification with Structured Clinical Documentation and Biosignal Derived Phenotypes Synthesis) aus dem Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen am Universitätsklinikum Würzburg sowie CORD (Collaboration on Rare Diseases) zur Zusammenführung verteilter Daten zu seltenen Erkrankungen an der Technischen Universität Dresden.
Routinedaten könnten Studiendaten ergänzen, konstatierte vor diesem Hintergrund Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer und Leiter der MII-Koordinationsstelle. Mit dem Erreichen der Verfügbarkeit höre die Arbeit nicht auf; die Nutzenversprechen im Hinblick auf die Daten müssten tatsächlich eingelöst werden.
Ein Panel hatte Vorarbeiten und Handlungsfelder auf Deutschlands Weg zum europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) zum Thema; perspektivisch kann hier das FDPG – im Zusammenspiel mit den DIZ und weiteren Infrastrukturkomponenten – eine entscheidende Rolle einnehmen. So unterstrich Semler: „Die EU gibt mit dem EHDS einen Rechtsrahmen vor, aber die Umsetzung ist Sache der Mitgliedstaaten. Umso wichtiger sind die Vorarbeiten der MII.“
Wir befänden uns in der zweiten Halbzeit der Hauptförderphase, so Semlers Einordnung beim Symposium, das Feedback von Nutzenden und Perspektiven seitens der Pharmaindustrie sowie Wünsche aus der Academia für die Zukunft bringe. Als aktuelle Herausforderungen in Deutschland bezeichnete er „Record Linkage“ – die Verknüpfung von Daten aus unterschiedlichen Quellen mit unterschiedlichen Zielsetzungen – sowie die Bereitstellung eines Secure Processing Environment (SPE). Prof. Dr. Dagmar Krefting von der Universitätsmedizin Göttingen fasste zusammen: „Wir haben in der gemeinsamen Standardisierung der Daten und mit dem FDPG schon viel geleistet. Die Arbeit wird uns aber mit Blick auf den EHDS nicht ausgehen. Wir sollten den EHDS als Chance sehen, weitere Datenquellen zu verknüpfen.“ Dr. Franziska Bathelt von der Medizinischen Universität Lausitz kommentierte: „Wir müssen Ärztinnen und Ärzte besser abholen, sie müssen den Mehrwert der Datenbereitstellung erkennen.“ Sie fügte hinzu, dass weiterhin daran gearbeitet werden müsse, die MII-Infrastruktur von den Universitätskliniken auf die Regionen auszuweiten.
Und wie lautete der Wunsch des TMF-Geschäftsführers zum Jahresende? Die Sicherstellung einer verstetigten Finanzierung der MII sei ihm besonders wichtig.